Kunstraum Bernsteiner 1997-2005

 

Halle 2000—2005
Michael Goldgruber
homesick

16.04. – 20.05.2005

Nin Brudermann
NASD Projekt Fledermaus

26.11.2004 – 25.01.2005

Clemens Fürtler

09.10. – 11.11.2004

e.lab
szely&kopeinig
— huber&reisner
sound and vision

10.+03.09.+27.08 2004 20:00h


Franziska Maderthaner
VISTA POINT

05.06.2004 – 07.08.2004


e.lab

rupert huber — carmen malin
voyage anonyme

28.05.2004 19:30h


Marko Lulic
Treffpunkt Lagerhalle Ost

06.03.2004 – 07.05.2004

Christoph Hinterhuber
coming closer

29.11.2003 – 31.01.2004

Uli Aigner | Christian Hutzinger
bekommen

18.10.– 15.11.2003

Alexander Viscio
EASY KILLERS

01.12.2000 – 21.12.2000

 

Haus 1997—2003

Blank | Goscinski | Manfredi

21.– 30.06.2003

Mina Mohandes

16.– 19.03.2001

FIRST HEAT

06.– 09.10.2000

Sommer 50

10.06.2000

Eva Wagner
10/99–2/00

10.– 12.03.2000

Michael Goldgruber
screenshots

26.11.1999 – 06.01.2000

Iris Andraschek
suchen und vergessen

26.– 28.06.1999

Ronald Kodritsch

08.– 11.10.1999

Clemens Stecher
Null

23.– 26.04.1999

Christoph Hinterhuber

22.– 25.01.1999

Felix Malnig
Schöner Wohnen

16.– 19.10.1998

Nikolaus Granbacher

19.–22.06.1998

Michael Blank

17– 19.04.1998

 

irene laviña — michael blank
performance

17.04.1998 19:00


Marko Lulic
Wohnpartyküche

23.– 25.01.1998

Uli Aigner
TOTALLY HANDMADE

21.– 23.11.1997

 

29.11.2003 –31.01.2004

Dependance Bernsteiner, Dreherstraße 75B, 1110 Wien


Christoph Hinterhuber : coming closer3

Eröffnungsevent : 8–Channel Buddha PETER SZELY



CHRISTOPH HINTERHUBER

03 re-evolution: 2003, originalsiebdruck auf alucopan, 100x150 cm,
text: thomas feuerstein
02 zeichen: 2002, originalsiebdruck auf alucopan, 88x66 cm
02 systems: 2002, originalsiebdruck auf alucopan, 66x200 cm

coming closer

1. Oberfläche
coming closer ist nicht nur der Titel einer Ausstellung, er ist Programm: Wenn man zu nahe kommt, verliert man den Abstand und ist mitten drin. Insofern befinden wir uns jetzt in einem Bildraum und nicht vor einem Bild. Paradoxerweise ist dieser Bildraum aber kein Raum, er ist reine Fläche und dieser Zustand von Oberfläche ist symptomatisch für unsere Gesellschaft, die wiederum Produkt einer kulturellen Evolution ist. Kulturelle Evolution erfolgt seit der Neuzeit in ihrer ursprünglichen Bedeutung (lat. evolutio) als Ausrollen/Aufschlagen verschiedenster Schriftrollen und Bücher: das Buch des Kosmos, der Natur, der Materie, des Lebens, unserer Gene usw. Mit dem Ausrollen geht eine Verflachung von Welt einher, denn nur Oberflächen lassen sich lesen und dekodieren, was sich als Ästhetik der Naturwissenschaft auf die Formel "Gewahrwerdung von Weltwerdung durch Bildwerdung" bringen lässt.
Dieses Programm der Transformation der Welt in Oberfläche hat sämtliche Umwelt- und Gesellschaftsbereiche von den Wissenschaften über die Politik und Ökonomie bis zu urbanen und semiotischen Räumen erfasst und wird gemeinhin als Mediatisierung von Alltag beschrieben. Seitdem leben wir in und unter dem Regime der Oberfläche und der Images. Diese Verflachung von Welt erleben wir primär als Nivellierung des Raums und der Zeit, was sich tendenziell über Phänomene der Telematik oder elektronische Netze fortlaufend verstärkt. Räumlich leben wir seitdem im Flatland (Edwin A. Abbott) und zeitlich im Zustand des Steady State (Hermann Bondi, Thomas Gold und Sir Fred Hoyle), der Beginn- u. Endlosigkeit...


2. Bildsysteme
Das Bild markiert eine Schnittstelle, ein Interface oder eine Grenze zwischen getrennten Welten und Wirklichkeiten, wobei der traditionelle Künstler als Polizist oder Zöllner der Wahrnehmung fungiert.
Er exekutiert stilistische Gesetze, die Handel und Verkehr zwischen Betrachter und Bild gewährleisten.
Der Stil ist die legislative Gewalt, die einerseits den Import von Interpretationen, Sehgewohnheiten, kulturellen Codes etc. regelmentiert und andererseits den Export von Farben, Formen, Fakturen etc. limitiert und ordnet.
            a) Westliche Kunsttradition:
Ikonische/perspektivische Bildsysteme von Piero della Francesca bis Playstation, Quake oder Unreal:
saugen uns immersiv in einen jenseitigen Raum: d.h. die Grenzen der Bildoberfläche samt seiner Materialität wird überschritten; das Bild ist ein metaphorisches Raumschiff, ein Übersetzungsinstrument, das uns hinter die Leinwand transferiert.
            b) Östliche Tradition:
Nicht wir transzendieren hinter die Leinwand, sondern etwas wird aus der mythischen Tiefe nach vorne zur Erscheinung gebracht: = Emanation des Mystischen.

Beide Systeme operier(t)en mit restriktiven Dispositiven/Stilgesetzen, um Grenzverläufe oder bilaterale Verrechnungen zwischen Bild- und Kognitionsräumen zu markieren/kontrollieren.

 

Christoph Hinterhuber bricht mit coming closer diese Traditionen: kognitive, semiotische, soziale, architektonische, virtuelle etc. Räume werden wechselseitig/oszillierend invertiert, woraus perverse, d.h. durchgedrehte Räume resultieren, die sich gegenseitig durchdringen und bedingen. Es entstehen Räume, die gleichzeitig außerhalb von uns und in uns sind, gleichzeitig ekstatisch und "endostatisch" sich konstruieren. In Anlehnung an das Möbiusband könnte von einem Möbiusraum gesprochen werden, der sich gleichsam einem Uroboros selbst verzehrt und wieder gebiert: ein Code, der sich selbst prozessiert und evolutiv überschreibt.

3. Codierung:
codifizierte Oberfläche bei Hinterhuber: weniger Piktogramme/Zeichen als Buttons/Links.
Escape, Worldwide, Yogi in Einheit mit Atomen, Gehirn als Handgranate, Geländeauto/Explorer, Waffe etc. sind Navigationstools einer Psychogrammatik.

Diese Psychogrammatik sprengt solipsistische Tautologien - etwa jene der konkreten Poesie – , indem eine Psychopoiesis startet:
Die Arbeiten stellen keine Texte, Bilder vor, denn die Ängste, Hoffnungen etc. sind bereits in den Köpfen, werden hier nicht illustriert, sondern getriggert. Programm von Metabildern, die posthypnotisch wirken, d.h. als Brandmarks sind sie unserem Gehirn/Erinnerung eingebrannt. Werden beim Betrachten wachgerufen u. generieren in uns Befindlichkeiten, funktionieren als Psychotexte...

Als Betrachter sind wir kulturell codiert; Code ist Teil unseres Betriebssystems/Denkens.

Was Hinterhuber gleichsam zu einem Psychohacker macht, ist Archetypen der Oberflächenkultur in uns wachzurufen; d.h. als Rezipienten sind wir Schläfer, die nun beim Betrachten einen Programmmodus aufrufen.


Text: Thomas Feuerstein

Einladungskarte.pdf

 


Photos: Ansicht Halle aussen und Ausstellungsansichten